Der zweite Steiktag beginnt pünktlich um 5:15 Uhr vor dem Werkstor. Nach den üblichen verbalen Rangeleien mit dem - wie immer - abschätzig daher kommenden Werksschutzleiter versammelt sich der Großteil der Belegschaft im Streiklokal, denn gearbeitet wird auch heute nicht. Aktionen stehen an: auch die Kolleginnen und Kollegen aus anderen Einzelhandelsbetrieben befinden sich schliesslich in Tarifverhandlung und brauchen jede Unterstützung und Ermutigung. Morgens um 8:30 Uhr verlässt die Frühschicht gemeinsam das Streiklokal und versammelt sich vor KAUFLAND, wo sie lautstark um Unterstützung werben: Nur einen "Appel und 'n Ei" können sie sich von ihren Gehältern leisten. Um diesen ungeheuerlichen Missstand bildhaft werden zu lassen, kaufen ungefähr 200 Kolleginnen und Kollegen jeweils einen Apfel und ein Ei und verursachen mit diesem Einkaufsstau gehörige Aufmerksamkeit bei den Führungskräften von Kaufland, aber auch bei den Einkaufenden und den Angestellten von Kaufland, die sich teilweise sehr kollegial und unterstütztend hinter die streikenden Kolleginnen stellen.
Nach diesem aktivistischen Vorgeschmack geht es nun gleich weiter zu APPEL, einem sehr arbeitnehmerfeindlichen Gartenbauhandel, der mit unlauteren Methoden eine Betriebsratswahl verhinderte. Die Kolleginnen und Kollegen versammeln sich auf dem Parkplatz und buhen erschüttert über die Worte von Theo, der von diesem Fall berichtet, als sich überraschenderweise eine APPEL Führungskraft in die Runde gesellt und sich auch zu Wort meldet. Sie seien wie eine Familie, daher bräuchten sie keinen Betriebsrat, lautet ihre schwache Ausrede auf die Vorwürfe. So bestätigt sie selbst, was anfänglich so ungeheuerlich klang: ja, sie wollen keine Betriebsräte. Mit der Bitte, die anderen Kunden am Einkauf nicht zu hindern, beendet sie ihren Auftritt und hinterlässt das Unwohlsein bei allen, dass so viel vermessene, arrogante Frechheit schon leider ein müder Alltag in einigen Branchen und Betrieben geworden ist. Ein Grund mehr vielfältige Aktionen zu planen, die den Kolleginnen im Betrieb zeigt, dass sie nicht allein sind und die den Führungskräften zeigt, dass Arbeitnehmerfeindlichkeit zu nervigen Protesten führen wird: die streikenden Kolleginnen und Kollegen machen sich ein weiteres mal auf und kaufen zweihundert mal je eine Schraube bei APPEL. Der Geschäftsführer wird sogar so wütend, dass er einer Kollegin gegenüber handgreiflich wird und ihr die Tröte aus dem Gesicht schlägt, um sich dann wutentbrannt vor seiner Verantwortung davonzustehlen.
Nach dieser Hauptveranstaltung gibt es bei Aldi und Lidl noch die Zugaben: auch hier werden die Kolleginnen mobilisiert und aufgefordert an den Aktionen mit teilzunehmen und sich gewerkschaftlich zu organisieren, denn: Allein machen sie dich ein ...
Nach diesem aktionsreichen Tag blicken alle Streikenden voller Tatendrang auf morgen, denn da haben sie sich wiederum viele kraftvolle Aktionen ausgedacht. Eins steht auf jeden Fall fest, so lang die Geschäftsleitung kein ernstzunehmendes Angebot für die ArbeitnehmerInnen macht, wird es immer wieder heissen: HWS, jetzt gibt's Stress!