Chronologie des Arbeitskampfes bei HWS

Herbst 2005:
Pläne der Ausgliederung der Otto-Lagerwirtschaft werden bekannt. Ziel der Geschäftsleitung: Mit einem Logistikunternehmen, das einen eigenen Namen trägt, können besser Drittkunden gewonnen werden, um die Kapazitäten der Lagerwirtschaft effektiver auszulasten.

In dem Zusammenhang sollen die Löhne durch die Umstellung vom Einzelhandelstarifsvertrag auf den Speditionstarifvertrag drastisch abgesenkt werden: Dies würde eine Absenkung in Hamburg und Haldensleben von 16 – 19 % der Jahresgehälter bedeuten. Die Zeichen stehen auf Sturm! Mit diesem Vorhaben signalisiert die Geschäftsleitung deutlich, welche Arbeitsbedingungen in Unternehmen der Otto-Group etabliert werden sollen, die in der Öffentlichkeit nicht mehr unter dem Namen „Otto“ laufen.

24. November 2005
Zum ersten Mal in der Unternehmensgeschichte streiken die beiden großen Standorte Hamburg (Bramfeld und Billbrook) gemeinsam mit Haldensleben für einen Tag.

Mit diesem Streik mitten im Weihnachtsgeschäft kommt Bewegung in die Tarifauseinandersetzung. Es wird ein Kompromiss erzielt, der das Lohnniveau einigermaßen stabilisiert. Die Logistik bleibt im Einzelhandelstarifsystem. Es müssen dennoch deutliche Zugeständnisse an die Geschäftsleitung gemacht werden: Das Tarif-Niveau wird auf 92-95% des Einzelhandelsniveau abgesenkt, zugleich behalten alle Beschäftigten ihr bisheriges Einkommen um den Preis, an künftigen Tariferhöhungen allenfalls teilweise zu partizipieren.

März 2006
Der neue Name der Otto-Lagerwirtschaft ist Hermes Warehousing Solutions (HWS).

Für die Belegschaft unerwartet wird die Weihnachtsgratifikation, die es bislang in einer Höhe von 650 Euro bei Vollzeit gab, ersatzlos gestrichen.

Insgesamt wird laut Aussagen der Belegschaft im Jahr 2006 das Leistungssystem deutlich verschärft. In Billbrook beispielsweise muss ein Beschäftigter nun statt 90-100 Kartons 150 Kartons in der Stunde räumen. Dies bedeutet eine enorme Arbeitsverdichtung. Was dies für Konsequenzen für die Gesundheit der Beschäftigten hat, ist leicht vorstellbar. Insbesondere Rücken- wie Gelenkprobleme aller Art sind bei den Kolleginnen und Kollegen an der Tagessordnung.
Fragt man 40 jährige Kolleginnen, ob sie diese Arbeit bis zur Pensionierung durchhalten, erhält man in vielen Fällen die klare Antwort: Das ist nicht zu schaffen.

Mai 2007
Der Lohntarifvertrag im Einzelhandel wird von ver.di in Hamburg gekündigt.

Der Manteltarifvertrag wird von Arbeitgeberseite aus gekündigt.

Nach einer Befragung der Belegschaft in Hamburg und Haldensleben beschließt die Haustarifkommission, ergänzend zu den Forderungen im Rahmen des Einzelhandelstarifvertrages vier zusätzliche Forderungen für HWS aufzustellen:

- Erhöhung des Weihnachts- und Urlaubsgeldes auf 750 Euro (Vollzeit)
- jeweils eine Einmalzahlung von 200 Euro im Juli (Vollzeit)
- der 24. und 31.12. sollen arbeitsfrei sein, ohne dass dafür Urlaub genommen werden muss
- ein zusätzlicher Urlaubstag für Kolleginnen und Kollegen ab 50 und zwei ab 55 Jahren als Belastungsausgleich.

Diese Forderungen werden in einem ersten Tarifinfo kommuniziert.

Die Geschäftsleitung ist ungehalten. Ihr Standpunkt: Der ausgehandelte Ergänzungstarifvertrag sei bis 2010 ausgehandelt und gelte bis dahin in allen Punkten.
ver.di Standpunkt: Der Ergänzungstarifvertrag gilt bis 2010, es können aber in jeder Tarifrunde Forderungen gestellt werden. Er war ein Kompromiss, seitdem ist viel passiert wie die Streichung der Weihnachtsgratifikation. Nun muss ein deutliches Zeichen an die Belegschaft ergehen, dass ihre Arbeit honoriert wird.

Juni 2007
Der Lohntarifvertrag im Einzelhandel wird von ver.di in Sachsen-Anhalt gekündigt.

21. Juni 2007

Die Beschäftigten in Hamburg und Haldensleben führen vor dem Tor einen Button-Tag unter dem Motto „Hey Boss – Mehr Geld“ durch. Die Mehrheit im Betrieb trägt ihn und zeigt damit der Geschäftsführung, dass die Kolleginnen und Kollegen hinter den Forderungen in der Tarifauseinandersetzung stehen.

17. Juli 2007
Urabstimmung in Hamburg und Haldensleben.
Ergebnis:
Streikbefürwortung in Hamburg: 95 % der ver.di Mitglieder, in Haldensleben 98 % der ver.di Mitglieder

30. und 31. Juli 2007
Zweitägiger Streik in Haldensleben und in Hamburg-Bramfeld, -Billbrook) und erstmals im HWS-Lager Norderstedt.

- die Dokumentation davon findet ihr hier:

http://handel.hamburg.verdi.de/tarifrunde_eh_2007/aktionsbilder/hws_video
http://www.hws-im-streik.de/30Juli
http://www.hws-im-streik.de/v2v/Streikimpressionen

Es erfolgt keine Reaktion des Arbeitgebers!

31. August 2007
Aufkleber-Tag in Hamburg und Haldensleben:
Die meisten Beschäftigten tragen den Aufkleber auf roten T-Shirts: „Nach dem Streik ist vor dem Streik“, um dem Arbeitgeber klarzumachen, dass es, so es keine Verhandlungen gibt, ein zweiter Streik in Planung genommen wird.

12. September 2007
Die ver.di Verhandlungsführer Meinecke und Lauenroth-Mago schreiben Herrn Urbanke, dem Geschäftsführer der HWS, dass sie mit der HWS einen Separatabschluss verhandeln möchten. Im Einzelhandel sind die Tarifauseinandersetzungen festgefahren, da der Arbeitgeberverband insbesondere bei der Frage der Zuschläge mauert. Dies ist jedoch nicht das Problem der HWS. Daher die Aufforderung an Herrn Urbanke, sich mit ver.di an den Verhandlungstisch zu setzen.

Bis Ende September ergeht keinerlei Reaktion – kein Brief, kein Telefonat.

Am 28.9.2007 treten die Beschäftigten erneut in den Streik